Geschichte

Von der Wegmaut zur Vignette

300 Jahre Wegpatent Kaiser Karls VI.
Prof. Dr. Elisabeth Vavra
Eduard Gurk, Markt Mödling

Sonnengelb – so die Farbbezeichnung der ASFINAG – präsentierte sich 2024 die Autobahnvignette. Seit 1997 gilt auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen – teilweise identisch mit den Reichs-, Commercial-, Haupt- und Poststraßen (= Kaiserstraßen) der Monarchie – die Vignettenpflicht. Bis inklusive 2017 mussten wir picken. Mit 2018 ist auch der Kauf einer digitalen Vignette möglich. LKWs müssen eine kilometerabhängige Maut zahlen. Dazu kommt noch die Streckenmaut für besonders sensible Verkehrswege (z.B. Passstraßen wie die Brennerstraße). Einnahmen werden auch aus den Vignetten-Delikten lukriert, immerhin rund 200.000 Euro pro Jahr. Die Erlöse fließen in die Finanzierung der ASFINAG, die rund 2.300 km an Autobahnen und Schnellstraßen zu betreuen hat. 2022 bis 2027 investiert die ASFINAG mehr als 7 Milliarden Euro in die österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen. Davon werden 4,4 Milliarden Euro für die Erhaltung des bestehenden Netzes aufgewandt. Die Investitionen in den Neubau von rund 2,6 Milliarden Euro werden durch eine Aufwendung von rund 370 Millionen Euro in den Bereich Nachhaltigkeit inklusive Lärmschutz ergänzt. Das wichtigste Standbein der Finanzierung des Baus und der Erhaltung von Straßen waren die bis 1987 zweckgebundenen Einnahmen aus der Mineralölsteuer, die zu diesem Zeitpunkt in etwa dem jährlichen Straßenbaubudget entsprachen. Die Einnahmen fließen noch immer bei jedem Tankvorgang aus unserem Geldbörserl in die Taschen des Finanzministeriums  - immerhin für einen Liter Benzin 48,2 Cent, für einen Liter Diesel 39,7 Cent – allerdings fließen sie jetzt in das allgemeine Bundesbudget: im Jahr 2023 4,05 Milliarden Euro. Mit 1. April 2002 kam es zu einer weiteren wichtigen Änderung, die sich für Autofahrer:innen bisweilen „schmerzhaft“ im schlechten Zustand des Straßennetzes bemerkbar macht: Ab diesem Zeitpunkt fielen nun auch die Bundesstraßen in die Betreuung der Länder, die bereits für die Landesstraßen zuständig waren und die Gemeindestraßen subventionierten.  

Das hochrangige Straßennetz ist durch die Einnahmen der ASFINAG relativ gut ausfinanziert. Schlecht bestellt ist es um das niederrangige, das 33.800 km Landesstraßen und 92.000 km Gemeindestraßen umfasst. In Niederösterreich allein sind 13.600 km Landesstraßen und 4.446 Brückenobjekte zu erhalten (Stand 2015). Je länger Sanierungen hinausgeschoben werden, desto höher steigen die Kosten. Bei sinkendem Budget, steigenden Kosten und einem überalterten Straßenbestand – fast die Hälfte der Straßen in Niederösterreich z.B. besitzen eine mehr als 40 Jahre alte Tragschicht (= wichtigster Teil des Oberbaus) – wundert es nicht, dass der Anteil an mangelhaften Straßen immer stärker im Steigen begriffen ist und die Klagen darüber immer lauter werden. Denn Straßen sind ein zentrales Element für die Wirtschaft und derzeit noch unverzichtbar für den Individualverkehr, für den Weg zur Arbeitsstätte, für Einkäufe oder für den Tourismus.

    Straßenzustände

    Bildquellen zur Geschichte des Verkehrs in der Vergangenheit sind nicht häufig. Wenn man aber Kunstwerke genau betrachtet, so findet man Straßenszenen immer wieder als Genreszene, um den Bildvordergrund zu beleben, wie etwa bei Eduard Gurk in den Aquarellen seiner Mahlerischen Reise von Wien nach Maria Zell in Steyermark, 1833 entstanden. Auf den Aquarellen sind unterschiedliche Kutschentypen dargestellt: auf dem Blatt mit dem Markt Mödling etwa ein Stellwagen; das Blatt Dornau zeigt das Hochwasser der Triesting: Männer versuchen mit Stricken einen Steg zu befestigen; auf der überschwemmten Straße ist ein Zeiserlwagen unterwegs. Auf dem Weg zur Wallfahrtskirche Mariazell ist eine von Rossknechten geführte vierspännige Postkutsche unterwegs. 

      Der Wunsch nach Mobilität ist aber nicht erst ein Phänomen seit dem 19./20. Jahrhundert.  Oft herrscht noch immer die irrige Meinung, Menschen in der Vergangenheit seien nicht mobil gewesen: Das stimmt nicht. Die Gründe für ihre Mobilität waren vielleicht andere, aber man war unterwegs, allerdings unter anderen Bedingungen. Man war zu Fuß unterwegs, zu Pferd oder im Wagen. Nach einem hoch entwickelten und gut betreuten Straßensystem in römischer Zeit erlebte der Verkehr erst ab dem 13. Jahrhundert wieder eine deutliche Neubelebung

      Das hatte mehrere Gründe: Im agrarischen Bereich wurden vermehrt Pferde eingesetzt; dies führte zum Herauszüchten stärkerer Pferderassen, zur Verbesserung des Geschirrs, und damit konnten Pferde nun auch vor Karren und Wagen gespannt werden. Das Entstehen von Ballungsräumen machte deren Versorgung notwendig, die nicht länger allein aus dem nahen Umland geschehen konnte. Handel und Handwerk wurden zunehmend als Machtfaktor erkannt und von der Obrigkeit gefördert. Schließlich erweiterten die Kreuzzüge den geistigen Horizont und schufen damit neue Bedürfnisse – Bedürfnisse nach Importgütern, wie Gewürzen, Stoffen etc. und das Verlangen nach Reisen. Das Bedürfnis war da, allerdings konnte durch Jahrhunderte die Entwicklung des Straßennetzes nicht mithalten.

      Die Straßen blieben auch im Mittelalter im Eigentum der Zentralgewalt und damit des Kaisers. Wegegeld musste für die Benutzung entrichtet werden; dieses sollte zweckgebunden für den Bau und den Erhalt des Straßennetzes eingesetzt werden. Straßen wurden als Lehen verliehen, mit allen Rechten und Pflichten; sehr bald verlor allerdings die Zentralverwaltung Überblick und Kontrolle über die unterschiedlichen Straßenmauten. Wegegelder und Brückenzölle wurden bereits im Mittelalter zu einer beliebten Einnahmequelle, die die Finanzen so manchen Grafens oder Fürstens, so mancher Abtei oder Stadt zu sanieren halfen, aber nicht der Straßenbesserung zugeführt wurden. Zwar waren seit dem Mainzer Landfrieden von 1235 „alle Straßen frei und offen für jedermann“, aber schon sehr bald übte man durch mehr oder weniger drastische Repressalien „Straßenzwang“ aus. Da die Reisenden dazu gezwungen waren, bestimmte Straßen zu benützen, sahen sich die Inhaber der Zoll- und Wegmauten nicht dazu genötigt, Straßen in gutem Zustand zu erhalten.

      Im Gegensatz zur Straßenbaukunst im römischen Reich war der mittelalterliche Straßenbau primitiv. Meist begnügte man sich mit Erdwegen, die durch Kiesaufschüttungen befestigt waren. Die schlimmsten Löcher wurden mit Reisigbündeln und Knüppeln gefüllt. Besonders drastisch stellt sich die Situation bei den Einfahrten in die größeren Handelsstädte dar: Regenzeiten machen die Wege fast unpassierbar. 1535 klagt der Bürgermeister von Zittau: Vor dem Reichenberger Tor ist der Weg so tief geworden, dass zur Winterszeit und an nassen Tagen die Fuhrleute 16 Pferde vor einem geladenen Wagen spannen müssen [...]. Verordnungen und Gesetze legten zwar Straßenbreiten fest, allerdings differierten die Breiten von Gebiet zu Gebiet, die Zerstückelung in kleine territoriale Bereiche machten einheitliche Straßenverordnungen unmöglich. Generell kann man von einer Breite der Landstraßen von 4,50 bis 4,90 m ausgehen; die befahrbaren Gebirgsstraßen maßen nur 2,70 m, die Saumpfade 1,50 m.

      Ausbau des Straßennetzes

      Eduard Gurk, Triester Straße am Wienerberg
      Eduard Gurk, Triester Straße am Wienerberg © Landessammlungen Niederösterreich

      Mit Beginn des Merkantilismus, der die Steigerung der Warenausfuhren zum Ziel hatte, wurde eine Verbesserung des Wegenetzes nötig. Vorreiter war hier das absolutistische Frankreich. Die alten Wege wurden zu Chausseen (Kunststrassen) ausgebaut – befestigte, auch bei Schlechtwetter gut befahrbare Straßen. Vorreiter war das absolutistische Frankreich. Vom Zentrum Paris ausgehend führten nun befestigte Straßen zu den Atlantikhäfen. In den habsburgischen Ländern erkannte Kaiser Karl VI. die Notwendigkeit des Ausbaus des Straßennetzes. Blättert man durch den Codex Austriacus (= seit 1704 angelegte und publizierte Sammlung von Generalmandaten, Patenten und Ordnungen, zurückreichend ins 16. Jahrhundert), so stolpert man mit Regelmäßigkeit über Patente zu Strassen und natürlich auch zur Strassen=Besserung, beginnend mit Kaiser Rudolph II. (1589). In vielen finden sich Klagen über den Zustand: wie gefährlich / übel /und schädlich es an vilen Orthen im Land mit denen gewöhnlichen Land=Strassen / und Brucken/ deren noch keiner nicht füglich geratten kann / beschaffen […]. In den Patenten wurden Grundherren, Mautinhaber, Städte und Märkte aufgefordert, die Straßen und Brücken zu bessern und so erträgliche Bedingungen für die Reisenden zu schaffen. 1568 etwa wendete sich ein Hofdekret an die niederösterreichischen Stände mit der Forderung nach einer Kommission, die sich der Verbesserung der Landstraßen rund um Wien widmen sollte. 2700 Gulden wurden dazu benötigt, aufgebracht sollten sie mittels einer Drittelfinanzierung durch die Stände, den Wiener Handelsstand und die kaiserlichen Kasse werden. Allerdings änderte sich wenig an der Situation, wie die häufige Wiederholung der Forderungen in der Folgezeit belegt. Unter Kaiser Leopold I. begann man mit einer Besserung der Straßen rund um Wien, freilich noch unter Anwendung der primitiven Technik des Wegebaus. Das änderte sich erst unter Kaiser Karl VI., der das Straßenwesen zur „Chefsache“ machte. Neuerungen im Straßenbau wurden eingeführt. Beim Ausbau des Schwechater Weges (ab 1710) und der für den Hof besonders wichtigen Laxenburgerstraße (ab 1716) legten bereits Vermesser die neuen Trassen fest. Mit dem kaiserlichen Dekret vom 9. Dezember 1723 verlangte Karl VI. die Chaussierung der fünf Hauptstraßen, der sternförmig von der Haupt- und Residenzstadt Wien ausgehenden Reichs-, Commercial-, Haupt- und Poststraßen – die offizielle Bezeichnung für die Kaiserstraßen. Sie sollten nach Böhmen, Mähren, Ungarn, Innerösterreich (= Länder südlich des Semmerings) und dem Land ob der Enns (= Oberösterreich) führen. Chaussierung bedeutete die Schaffung eines befestigten Weges mit ausreichender Breite, wo nötig gepflastert. Statt der Nutzung der Furten mussten Gewässer mit Brücken überquert werden. Gerade der Weg über den Semmering stellte für die Händler und Reisenden eine besondere Herausforderung dar: Als Kaiser Leopold I. zur Huldigung nach Innerösterreich reiste, benötigte man angeblich 3000 Ochsen, um die schweren Hofwagen über den Pass zu ziehen. Bereits ab Gloggnitz benötigte man zusätzlichen Vorspann, von Schottwien an bis zu vier- und fünffachen Vorspann für schwere Lastwagen. Weiters wurde in dem Dekret die Schaffung einer eigenen Weg=Reparations=Commission empfohlen.  

      Die Stände erklärten sich zur Übernahme der Weg-Reparation bereit und wollten für die Finanzierung 20 bis 30.000 Gulden gegen 6% Verzinsung zur Verfügung stellen. Ferner forderten sie die Einführung einer generellen Wegmaut als Zuschlag – 1 Kreuzer pro Pferd. Mit dem Weg=Patent, erlassen am 10. Mai 1724, wurde die Weg=Reparation sowie die Weg=Reparations=Commission unter die Aufsicht der Niederösterreichischen Regierung und Kammer gestellt. Die Einführung der vorgeschlagenen Wegmaut wurde für gut befunden. Sie sollte an den Landgrenzen und an den Vorstadt-Linien für jedes bespannte Zugtier – Pferd, Ochse etc. – eingehoben werden. Ausländische Getraid-, Mehl-, Wein-, Bier, Oel-, Schmalz- und andere […] Güter-Wägen mussten pro Zugtier 2 Kreuzer erlegen. Einheimische, die am Tag öfters die Mautstellen mit Wagen oder landwirtschaftlichen Geräten überquerten, mussten nur einmal pro Tag die Maut entrichten. Befreit davon waren die Angehörigen des Hofstaates sowie die Vorspanne des Militärs und der Jägerei. Was brachte dies nun ein: Vom 1. Dezember 1724 bis 28. Februar 1725 nahm man im V. o. Manhartsberg 216 Gulden 6 Kreuzer ein, im V. u. Manhartsberg 1192 Gulden, 37 Kreuzer: Hier schlug sich der rege grenzüberschreitende Verkehr in Retz und Drasenhofen zu Buche. Im V. o. Wiener Wald waren es 59 Gulden 36 Kreuzer und im V. u. Wiener Wald mit den Grenzübergängen nach Innerösterreich und Ungarn 1300 Gulden 50 Kreuzer.

      Nachdem die ersten Weg-Reparationen abgeschlossen waren, ließen sich die Kosten dafür abschätzen. Im Viertel ob dem Manhartsberg beliefen sie sich etwa bei Post-Straßen auf 6 Pfennig pro Klafter (1 Klafter = 1,8965 Meter), bei Landstraßen auf 2 Pfennig. Da der Straßenbau nicht schnell genug vor sich ging, führte man 1727 die Wegrobot wieder ein: Bis zu drei Stunden entfernt wohnende Untertanen hatten zweimal im Jahr drei Tage lang beim Wegbau mitzuarbeiten. Erst ab 1781 bestand die Wegrobot nur mehr im Schneeschaufeln. Auch die Einhebung der Wegmaut sollte nach drei Jahren modifiziert werden: Der Vorschlag ging dahin, alle vier Meilen (1 Postmeile=7585,9 m) Mautschranken zu errichten, da der Weg-Kreuzer nicht erklecke (=ausreiche): Der Vorläufer der LKW-Maut war geboren. Als Argumente dafür wurde u.a. angeführt, dass durch den guten Zustand der Chausseen die Ausgaben  der Fuhrleute gesunken wären; sie kämen nun schneller voran, benötigten weniger Vorspann usw. Ferner müssten die wichtigsten Verbindungen über den Semmering und nach Westen über den Strengberg schleunigst fertiggestellt werden. Hohe Kosten verursachten auch überall die verlangten Brückenbauten. Die Anregung setzte sich zwar nicht durch, aber 1728 wurden an zehn Orten weitere Mautschranken auf Erlass der Hofkanzlei aufgestellt, 43 weitere folgten noch im selben Jahr, und über den Semmering wurden zur Finanzierung des „Neubaus“  Mautaufschläge eingehoben: zu Schottwien 1 Groschen Aufschlag pro Zentner.

      Lorenz Janscha, Mariaschutz am Semmering, um 1795
      Lorenz Janscha, Mariaschutz am Semmering, um 1795 © NÖ Landesbibliothek

      Die Anlage einer neuen Straße über den Semmering stellte eine der schwierigsten Aufgaben für die zeitgenössischen Straßenbauer dar. An der Trassierung arbeitete der kaiserliche Ingenieur Jakob Marinoni. Die erste Begehung fand am 14. Mai 1726 statt. Die Fertigstellung drängte, denn 1728 sollte die Kaiser-Reise nach Innerösterreich und nach den Meer-Porten – gemeint ist damit der 1719 gegründete Freihafen Triest – stattfinden. Das Wienerische Diarium Anno 1728 berichtete, dass in nur 48 Tagen die alte Straße zu einem bequemen, standfest zugerichteten Weg umgebaut wurde, auf der Leute mit zwey Pferden bespannten Wägen unaufgehalten darüber fahren können. Der schnellen Bauausführung geschuldet war der Umstand, dass man auf eine totale Neutrassierung verzichtet hatte. Das führte dazu, dass die alte Semmeringstraße Strecken mit bis zu 13 Zoll Steigung aufwies. Das bedeutete für die Fuhrleute für jedes Zugpferd noch 2 Vorspannpferde anzuschirren. Manche Fuhrwerke hatten oft bis zu 20 Pferde Vorspann. 1729 wurde die Straßenregulierung der Strecke Amstetten–Strengberg und der Brünnerstraße von Wolkersdorf nach Nikolsburg/Mikulov planmäßig in Angriff genommen. Der 1730 erschienene Atlas von Matthäus Seutter zeichnet von Wien ausgehend sieben Wegrichtungen aus, die noch heute das Hauptstraßennetz in Niederösterreich bestimmen:

      • von Wien nach Enns (Postlinie nach Linz, Vorderösterreich und Brüssel) – Wiener Straße (B1)
      • von Wien über Stockerau, Hollabrunn nach Zlabings/Slavonice (Postlinie nach Prag) – Waldviertler Straße (B2)
      • von Wien über Mistelbach nach Nikolsburg/Mikulov (Postlinie nach Brno und Breslau/Wrocław) – Brünner Straße (B7)
      • von Wien nach Preßburg/Bratislava (Postlinie über Bratislava in die Zips) – Pressburger Straße (B9)
      • von Wien nach Bruck an der Leitha (Postlinie nach Ofen) – Budapester Straße (B10)
      • von Wien nach Ödenburg/Sopron und Steinamanger/ Szombathely (Postlinie nach Südungarn und Kroatien) – Ödenburger Straße (B16)
      • von Wien auf den Semmering (Postlinie nach Triest und Venedig) – Triester Straße (B17)

      Unter der Herrschaft Maria Theresias, ihres Sohnes und Franz I. (II.) wurde das Straßennetz weiter ausgebaut. Becher in seiner 1887 erschienenen Handelsgeographie für Kaufleute, Fabrikanten und Geschäftsmänner führte dann bereits neun Hauptstraßen an, die von Wien in die Provinzen der Monarchie und weiter führten. Ihre Ziele waren Preßburg/Bratislava, Ofen/ Buda, Carlstadt/Karlovac, Triest, Udine, Linz, Eger/Cheb, Prag/Praha und Lemberg/Lwiw. Diese überzogen gemeinsam mit zahlreichen Kommerzialstraßen, die in ihrer Führung in etwa den heutigen Bundesstraßen entsprechen, Niederösterreich gleichsam mit einem Spinnennetz.

        1749 wurde auf Veranlassung Kaiserin Maria Theresias ein regelmäßiger Fernverkehr mit Postkutschen eingeführt. Als erste Teilstrecke wurde für diese Postdiligenzen am 1. Juli 1749 die Verbindung Wien–Prag eröffnet. Die Fahrzeit betrug 40 Stunden, der Tarif 13 Gulden 20 Kreuzer pro Person. Wöchentlich einmal verkehrten diese Verbindungen; die Taxordnung setzte pro Meile (=7,42 km) 20 Kreuzer fest. Später wurde der Tarif nach der Anzahl der zu durchreisenden Poststationen festgelegt: Etwa alle 2 Meilen wurden die Pferde gewechselt. 1834 gab es 1092 k. k. Pferde-Poststationen. Auf der Reise z. B. von Wien nach Klausenburg / Cluj-Napoca in Siebenbürgen mussten siebzigmal die Pferde gewechselt werden. Eindrucksvoll zeigt die von Franz Raffelsberger gefertigte, 1833 erschienene Influenzkarte der Eilpost-Diligenze- und Packwagens-Course in dem Kaiserthume Österreich und in den angränzenden Ländern bis Rom, Genua, Paris, Brüssel, Hamburg, Berlin, Petersburg, Odessa, Constantinopel, Corfu […] das dichte Netz der von Wien ausgehenden Postkurse.

        Reisen war nicht nur zeitaufwendig und mühevoll, es kostete Geld, da so nebenbei auch Zusatzgebühren durch die Kutscher kassiert wurden: Schmiergeld für das Verhindern von knarrenden Wagenrädern oder Kaleschgeld für gedeckte Fahrzeuge (= Kalesche) und zusätzlich musste man den Kutschern ausreichend Trinkgeld zustecken, um gut behandelt zu werden. Eine weitere Verbesserung im Reiseverkehr war die Einführung der Eilpost, die auch nachts unterwegs war: Bei der ersten Testfahrt von Wien nach Brünn/Brno konnte die Fahrzeit auf vierzehn Stunden gedrückt werden. Allerdings brachten diese Neuerungen im Verkehr auch Probleme mit sich, Pferde wurden zwar in regelmäßigen Abständen gewechselt, nicht so die Postillions; Ermüdung am „Steuer“ war schon damals ein Problem. Aber auch übermäßiger Alkoholgenuss der Kutscher konnte den Reisenden zum Verhängnis werden. Eine weitere Gefahr waren Straßenräuber, die den Reisenden auflauerten. Besonders berüchtigt war etwa auf der Strecke nach Brünn/Brno, der heutigen A5, die Fahrt durch den Hochleithenwald. Dort, wo heute eine Raststation und ein Schnellimbiss die Fahrenden zu einem Stopp einladen, errichtete man am Kasernenberg ein Wachthaus, dessen Besatzung den gefährlichen Straßenabschnitt überwachte. Seit 1806 war dort eine Kavallerieabteilung von 16–20 Mann stationiert, die 1845 durch die Deutschmeister abgelöst wurde.

          Einkehrgasthöfe, Post-, Relais- oder Umspannstationen wurden in regelmäßigen Abständen an den Hauptrouten errichtet. Hier konnten Kurierdienste, Postkutschen oder private Reisende die Pferde wechseln. Je bedeutender die Straße desto höher die Einnahmen der Postmeister.

          Autorin: Prof. Dr. Elisabeth Vavra

          Verwendete und weiterführende Literatur:

          • Siegfried Becher, Handelsgeographie zum Gebrauche für Kaufleute. Fabrikanten, Geschäftsmänner und Handelsschulen, Wien 1887, S. 348f.
          • Roman Hans Gröger, Ausbau des Straßennetzes in der Habsburgermonarchie, in: Österreichisches Staatsarchiv (Hrsg.), 300 Jahre Karl VI. 1711–1740. Spuren der Herrschaft des „letzten“ Habsburgers, Wien 2011, S. 163–168.
          • Heinrich Güttenberger, Die Begründung des niederösterreichischen Straßenwesens unter Karl VI., in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 21 (1928), S. 231–276.
          • Bernd Kreuzer, Korridore der Moderne und der Macht. Verkehrs-, Mobilitäts- und Kommunikationsrevolutionen im Land um Wien, in: Oliver Kühschelm u.a. (Hgg.), Niederösterreich im 19. Jahrhundert, Band 1, St. Pölten 2021, S. 747–778.  
          • Gustav Otruba, Zur Geschichte des neuzeitlichen Verkehrswesens in Österreich vor den Eisenbahnen, Linz 1988.
          • Rüdiger Wurth, Reisen mit der Post: Vom Mietpferd zur Dilligence, in: Zur Landeskunde des Bundeslandes. Festschrift Hanns Schmidt, Eisenstadt 1998, S. 147–165.
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